Vorbemerkung der Herausgeber
Wir betrachten die mit der 1. Ausgabe im Dezember 2006 begonnene Edition der Philosophischen
Schriften von Peter Ruben als einen Beitrag zum Studium und der Ausbildung
der Philosophie als Wissenschaft.
Uns verwundert aus heutiger Sicht kaum, daß Peter Ruben – damals
Mitarbeiter am Zentralinstitut für Philosophie an der Akademie der
Wissenschaften der DDR – im Mai 1981 aus der SED ausgeschlossen wurde. Der gegen
ihn erhobene Vorwurf lautete auf Revisionismus, auf Abweichen vom
Marxismus-Leninismus. Eine eigens zum Zwecke der Feststellung dieses Urteils ins
Leben gerufene Kommission sprach die Unvereinbarkeit des Rubenschen
Philosophierens mit der damals herrschenden Parteipolitik und -propaganda ganz
unbekümmert dahin aus:
„1. P. Ruben verläßt in
entscheidenden Fragen von politischer Relevanz den Boden des
Marxismus-Leninismus. Grundzüge seiner theoretischen Überlegungen sind
revisionistisch. Ihre praktischen Konsequenzen laufen den Grundlagen der Politik
unserer Partei zuwider.
2. Theoretische Basis dessen ist, daß er in wichtigen Fragen der
Philosophie auf Positionen fußt, die nicht mit dem Marxismus-Leninismus
vereinbar sind, so in der Grundfrage der Philosophie, in der
Widerspiegelungstheorie, in wesentlichen Momenten der Dialektik, insbesondere
der Widerspruchsauffassung, im Verhältnis der Philosophie zu den
Einzelwissenschaften und in seinen Auffassungen zur Geschichte und zur
Ökonomie.“[1]
Verwundern kann aus heutiger Sicht vielleicht eher, daß dieses
von der SED der DDR perhorreszierte Denken gerade in der DDR wuchs und ihr
entstammte, – ja, in gewisser Weise als eines ihrer originären geistigen
Produkte betrachtet werden kann. Es ist schon ein denkwürdiger, wenngleich kaum
bemerkter Umstand, daß die "Partei der Arbeiterklasse" den systematischen Ansatz
zu einer Philosophie der Arbeit, wie ihn einzig Peter Ruben ausgebildet hat, als ein
ihr abträgliches Unterfangen behandelt hat.
Zum besseren Verständnis der Differenzen, die zwischen Rubens
marxistischem theoretischen Ansatz und dem landläufigen Marxismus-Leninismus
bestanden – gewissermaßen als Einstimmung in die Lektüre der folgenden Texte –
sei folgendes Resumé vorangestellt:
1. Nicht die Materie oder die Idee sind für Ruben axiomatischer
Ausgangspunkt der Philosophie, sondern diese Stellung kommt der Arbeit zu, in
der diese Gegensätze – zum Widerspruch vermittelt – Basis für die
Selbstbestimmung und Selbstentwicklung der menschlichen Gattung sind. Diese
Begründung des Materialismus, mit der Ruben in der Nachfolge der
materialistischen Aufhebung der Hegelschen Philosophie durch Feuerbach und Marx
steht, ist durchgängiger Grundzug seines philosophischen Ansatzes. Und dieser
richtet sich – nolens volens – gegen die dogmatische Setzung des Materialismus
durch die bloße Behauptung des Primats der Materie als Antwort auf die so
genannte Grundfrage der Philosophie, deren Anerkennung zum offiziellen Kriterium
marxistisch-leninistischer Rechtgläubigkeit avanciert war. Rubens
Arbeitsbegriff, und all das, was sich aus seiner Explikation ergab, war daher
Gegenstand der Attacke.
2. In vielen Arbeiten Rubens ist der Versuch einer
materialistischen Rekonstruktion der ‚Wissenschaft der Logik’ Hegels unter den
Bedingungen der zeitgenössischen Wissenschaften erkennbar, und zwar so, daß dazu
die moderne Logik und Mathematik vorausgesetzt und in Anspruch genommen werden,
auch die Logik natürlich, wie sie in der DDR-Philosophie von G. Klaus und H.
Wessel vermittelt wurde, des weiteren die intensionale Logik, die Leibniz
bearbeitete, Hegel unterstellte, worauf Gotthard Günther zuerst 1933 reagierte[2],
und die Raili Kauppi in Anknüpfung an Leibniz fortsetzte – als ein schmales
Rinnsal in der Entwicklung der modernen Logik präsent. Es ging Ruben – salopp
gesprochen – von Anfang an darum, Hegel mit Frege zu verbinden. Rubens
Ansatzpunkt war Hegels Schlußlehre, in der völlig unbestimmt geblieben war, wie
sich in ihr Einzelnes, Besonderes und Allgemeines zueinander verhalten. Erst
Frege hatte etwa zwei Generationen später mit der Begründung der Aussagenlogik,
den in der deutschen Klassik noch geltenden Rahmen der Logik des Aristoteles
transzendierend, die Möglichkeit hervorgebracht, die Operationen und Relationen
zu bestimmen, mittels derer Hegels Schlussfigur E – B – A als ein logisch
vielleicht lesbarer Satz erkennbar wird. Ruben fand es problematisch, daß Hegel
uns keine Auskünfte über die Bedeutung der Striche zwischen den Zeichen E, B, A
hinterlassen hatte.
3. Rubens Programm zielt - in dieser Hinsicht ähnlich wie das
Husserls – auf Philosophie als strenge Wissenschaft. Wie Husserl setzt Ruben die
Logik im oben skizzierten Sinne als ein Fundament der Philosophie voraus.
Philosophie thematisiert das konkrete Allgemeine für sich genommen und
konstituiert mit ihm den Gegenstand einer eigenständigen Wissenschaft.
Philosophie ist daher rechtens nicht subjektiv-relative Weltanschauung, nicht
doxa, (auch wenn Ruben, der DDR-Ideologie untertan, etwa von der
„wissenschaftlichen Weltanschauung der Arbeiterklasse“ spricht), sondern
Weltanschauung ihrerseits hat Gegenstand philosophischer Analyse und Kritik zu
sein.
Gegenstand philosophischer Analyse und Bestimmung sind für Ruben
die allgemeinen Denkbestimmungen (Kategorien) und ihre Beziehungen zueinander,
mittels derer jegliches Erkennen im Alltag und in den Wissenschaften operiert,
ohne daß sie in diesen Bereichen thematisiert würden. Dabei unterstellt er mit
seiner Prädikationstheorie die Gewißheit von der wenigstens im Denken gegebenen
Existenz der Kategorien durch die quasi-axiomatische Voraussetzung, in den
Sätzen der natürlichen Umgangssprachen mit ihrer Subjekt-Prädikat-Gliederung
grammatische Kategorien zu kennen, eben die Subjekte und Prädikate. Sie sind ihm
nicht als Wörter oder Termini der Satzbildung vorgegeben, sondern überhaupt nur
durch Satzbildung als Satzglieder hervorgebracht. Wird generell nach
ihrem Sinn (Inhalt) unter der Voraussetzung gefragt, daß die Satzbildung
Sinnbildung ist, ist die Antwort notwendig ontologisch, und so wird Philosophie
gesetzt. Des Parmenides’ Satz „Das Seiende ist“ als Ausdruck für
die Existenz nichtempirischer (apriorischer) Wahrheit komplettiert diesen Ansatz
zur subjektiven Gewißheit, daß die Philosophie Wissenschaft sui generis ist.
Obwohl alle Wissenschaften Begriffe wie die des Seins, der
Wirklichkeit, der Möglichkeit, der Notwendigkeit, des Zufalls etc. voraussetzen,
bleiben diese in ihnen undefiniert. Ruben sieht sich in dieser Hinsicht in der
Tradition von Aristoteles und der klassischen deutschen Philosophie; und er
reflektiert die mit dem Denkstil der modernen Naturwissenschaften seit Galilei
erfolgte Substantivierung der Bewegung (gegenständliche Bewegung), die
die für das antike philosophische Denken charakteristische Substantivierung der
Gegenständlichkeit (bewegter Gegenstand) abgelöst hat, in Bezug auf die
sich hieraus für das Kategoriengefüge der Philosophie ergebenden Konsequenzen.
Den Anstoß für seine Sicht der Philosophie als Kategorienlehre
hat P. Ruben durch Klaus Zweiling, seinen Lehrer für dialektischen
Materialismus, erhalten, der auf Hegels Logik fußend, dessen Kategorien
dadurch materialistisch umzustülpen unternahm, daß er nicht von der Idee,
sondern von der Wirklichkeit sprach, die durch die Kategorien von der Seite
ihrer verschiedenen Aspekte zu bestimmen sei. Hatte Zweiling (mit Hegel)
offensichtlich unterstellt, daß die Kategorien nicht nur Denkbestimmungen,
sondern solche der objektiven Realität sind, so hält Ruben diese Voraussetzung
für problematisch. Rubens Anerkennung der Autorität der empirischen
Wissenschaften macht ihn skeptisch gegen die spekulative Naturphilosophie,
sofern sie unkritisch die sinnlich-gegenständliche Existenz der Kategorien in
der Wirklichkeit annimmt. Gibt es keinen Zweifel an der Realität der Kategorien
im Denken, so führt doch die naive Annahme ihrer Realität in der Natur nicht
selten zu puren Spekulationen, wenngleich auch auf diese Weise
naturwissenschaftliche Fortschritte erreicht worden sind. Das darin in
Erscheinung tretende Problem hält Ruben für ungelöst.
Auch mit dieser Bestimmung von Gegenstand und Aufgabe der
Philosophie setzte sich Ruben dem herrschenden marxistisch-leninistischen
Zeitgeist entgegen. Sein Bestehen auf der Autonomie der Philosophie wurde als
Versuch beargwöhnt und denunziert, philosophische Zensur über
fachwissenschaftliche Ergebnisse auszuüben. Nach den peinlichen Blamagen, die
sich Repräsentanten des Systems in den 50er Jahren mit der Ablehnung
beispielsweise von Relativitätstheorie und Kybernetik im Namen der marxistischen
Philosophie eingehandelt hatten, neigten mit dem Verhältnis von Philosophie und
Naturwissenschaften beschäftigte Philosophen (die sich später
„Wissenschaftsphilosophen“ nannten) nun dazu, die Autonomie und
erkenntniskritische Funktion der Philosophie aufzugeben. Stattdessen erblickten
sie (unter Berufung auf das „Leninsche Bündnis mit den Naturwissenschaftlern“)
ihre Aufgabe jetzt einzig in der sog. „Verallgemeinerung“ fachwissenschaftlicher
Erkenntnisse, - d. h. man beeilte sich, diese positiv zu bestätigen, indem man
ihre Bedeutung zur Bereicherung der marxistisch-leninistischen Weltanschauung zu
explizieren suchte.
Dieser Tendenz fiel 1978 Rubens Artikel Physik und
Naturdialektik zum Opfer, gegen dessen Publikation sich Herbert Hörz –
prominentester Vertreter der so beschaffenen Wissenschaftsphilosophie – stellte.
4. Wenn Philosophie das konkrete Allgemeine für sich
thematisiert, dann ist die Frage zu beantworten: Wie unterscheidet sich dieses
Allgemeine von dem in Mathematik oder Logik thematisierten Allgemeinen? Mit
dieser Frage, (die eine fachwissenschaftliche Ergebnisse verallgemeinern
wollende „Wissenschaftsphilosophie“ sich hätte stellen und beantworten müssen,
was sie jedoch nicht getan hat), sah sich Peter Ruben von Anfang seiner
wissenschaftlichen Produktion an konfrontiert. In seiner Arbeit Der
dialektische Widerspruch (1966) behandelte er dieses Problem vor dem
Hintergrund damaliger Debatten mit dem Mathematiker W. Heitsch. Er unterstellt
Hegels Unterscheidung des Abstrakt-Allgemeinen vom Konkret-Allgemeinen,
aber begnügt sich nicht damit, diese viel gebrauchten Termini der marxistischen
Dialektik-Diskussion in die Debatte zu werfen, sondern untersucht, worin die
Spezifik der (mathematischen) Methode der Abstraktion besteht, und wie ihre
Aufhebung zur Konkretion, die für ihn der Typ des Allgemeinen in der Philosophie
ist, methodisch bewerkstelligt werden kann. Es ging Ruben in diesem Manuskript
und in vielen späteren Arbeiten – auch im Rückgriff auf Kants diesbezügliche
Unterscheidung – m. a. W. um das Verhältnis von Analytik und Dialektik,
dessen Thematisierung im Vorfeld von Rubens Exkommunikation gleichfalls als
„revisionistisch“ verdächtigt wurde.
5. Bis in die siebziger Jahre bestimmten die skizzierten
Themenkomplexe und die Orientierung auf Logik, Mathematik und Physik vorrangig
P. Rubens theoretisches Profil. Jedoch trat seit der ökonomischen Reformperiode
in den 60er Jahren die Ökonomie in Rubens Blickfeld – via Mitarbeit an einer
Operationsforschungsgruppe im Ley-Lehrstuhl des Berliner Philosophie-Instituts.
Ein Gastsemester an der Universität Aarhus 1975/76 konfrontierte ihn mit
Publikationen der sog. Kapitallogik und in diesem Zusammenhang mit
Arbeiten zu den langen Wellen der Konjunktur (Helphand, Kondratieff, Schumpeter),
die ihn faszinierten. Obendrein war bereits der Ökonom Hans Wagner anfangs der
70er Jahre mit der Bitte an ihn herangetreten, methodologisch an einem
kollektiven ökonomieprojekt mitzuarbeiten. Er stieß auf offene Ohren. Der in
Zusammenarbeit mit Hans Wagner geschriebene Artikel Sozialistische Wertform
und dialektischer Widerspruch[3]
war dann das Vehikel, den seit längerem virulenten Revisionismusverdacht in
einen parteiöffentlichen politischen Vorwurf zu verwandeln und damit das
Ausschlussverfahren gegen Ruben in Gang zu bringen.
Im Rahmen seiner seither permanenten Beschäftigung mit den
Problemen der Ökonomie sei speziell P. Rubens Interesse am kategorialen
Vergleich der Physik mit der Ökonomie, beide als messende Wissenschaften
unterstellt, hervorgehoben. Sind es in der Physik (der technischen Mechanik)
Länge, Dauer und Kraft, die in sie durch Grundmeßverfahren
eingeführt werden, mit deren Hilfe die Wirkung als abgeleitete
(definierte) physikalische Meßgröße bestimmt wird, so entspreche dem in der
Ökonomie kategorial die folgende Konstellation: Die Grundgrößenarten sind die
des Gebrauchswertes (von Ruben analog der physikalischen Länge nach Marx
mittels der Gebrauchswertart des Transportweges eingeführt), die verschiedenen
ökonomisch bestimmten Dauern (Umsatzdauer, Produktionsdauer, Arbeitszeit
etc.) und die Arbeitskraft. Der Wirkung analog aber sei hier die
abgeleitete (definierte) Meßgröße des Wertes, realisiert durch das Geld.
Der Sinn dieses Unternehmens besteht – wenn wir das richtig verstanden haben, -
in dem Bemühen, durch Bestimmung der ihr eigentümlichen Grundgrößenarten und
deren Verhältnis zueinander die Ökonomie auf eigener Grundlage als
messende Wissenschaft zu konstituieren, d. h. sie auf ein ebenso sicheres
Fundament zu stellen, wie es die Mechanik ihrerseits besitzt. Die für den Leser
mitunter wissenschaftlich recht anspruchsvollen Texte zu diesem Problem sind
auch als Bestandteil in Rubens Manuskripte ad Schumpeter eingegangen.
Der in dieser Edition demnächst zu publizierende umfangreiche
Schumpeter-Text ist alles in allem der unfertige Entwurf eines Buches zur
marxistischen Auseinandersetzung mit Schumpeters Theorie der
wirtschaftlichen Entwicklung, an der Ruben nach seinem Parteiausschluß und
seiner Versetzung in den Bereich Historischer Materialismus per Planbeschluß
gearbeitet hat, ohne indes zu hoffen, unter den gegebenen Bedingungen diesen
Text publizieren zu können, weshalb er auch keine Rücksicht mehr auf die
herrschende Ideologie zu nehmen hatte.[4]
6. Im Kontext von Rubens ökonomischen Reflexionen ist auf seine
an Ferdinand Tönnies anknüpfende Unterscheidung von Gemeinschaft und
Gesellschaft hinzuweisen, die er zunächst als Erkenntnismittel beim
Nachdenken über die Beschaffenheit der kommunistischen Formation in den 80er
Jahren aufgegriffen hatte. Diese Begriffe erwiesen sich – verbunden mit den
ökonomischen Kategorien der Produktion und des Austausches – als
tragfähig, allgemeine gesellschaftstheoretische Einsichten zu gewinnen. Nach
Tönnies sind Gemeinschaft und Gesellschaft Verbindungsarten zwischen Menschen.
Diese Sicht übernimmt Ruben, wobei er auf den operativen Sinn des Wortes Verbindung verweist, den Tönnies wohl avisiert, wenn auch nicht expliziert.
In der Gemeinschaft sind die einzelnen Menschen als Individuen, als Teil
eines jeweils Ganzen existent (ist ihre Verbindungsart die „Vereinung“, deren
Resultat im Deutschen Verein heißt, lateinisch Union). In und
mittels der Gemeinschaft produzieren ihre Individuen. Von Gesellschaft
hingegen ist ganz klassisch zu sprechen, wenn die einzelnen Menschen als freie
Personen sich durch Verträge assoziieren oder auch verschiedene
Gemeinschaften (z. B. Stämme, Poleis, Stadtgemeinden, Nationen) in
wechselseitigen Austausch miteinander treten (diese Verbindungsart ist
die Vereinigung oder Assoziation). Die Erfahrung des europäischen
Kommunismus im 20. Jahrhundert, die Ruben als Erfahrung des Versuchs, die
Gesellschaft zu vernichten versteht, hat ihn dazu geführt, Tönnies'
Grundbestimmungen als Determination eines unaufhebbaren Dualismus zu verstehen,
so dass Gesellschaft und Gemeinschaft stets gemeinsam existieren, im
historischen Wandel zwar gegeneinander proklamiert werden können, nie aber als
gegeneinander exklusive Gegensätze wirklich realisierbar sind.
Sind diese Voraussetzungen richtig, läuft die Abschaffung des
Austausches, des Handels, des Geldes – gegenwärtig als Kampf gegen die
„warenförmige Gesellschaft“ proklamiert – zugleich auf Abschaffung der
Gesellschaftlichkeit (Sozialität) hinaus, was bestenfalls eine rohkommunistische
Utopie (Vorstellung einer Zuteilungsgemeinschaft) realisiert, aber – wie wir in
der DDR erlebt haben – ein Vorgang ist, geeignet, die solche Beseitigung
betreibenden Gemeinschaften ökonomisch und zivilisatorisch in den Ruin zu
führen.
Mit diesen Überlegungen zum Verhältnis von Gemeinschaft und
Gesellschaft, Produktion und Austausch, – seit den 80er Jahren zunehmend Rubens
Denken dominierend – ist ihm die bis dahin mit Marx geteilte Vorstellung vom
Gegensatz zwischen Eigentümern und Arbeitern, von der eigentumslosen
Arbeiterklasse, die durch die politische Revolution die Herstellung des
Gemeineigentums und damit die Selbstaufhebung ihrer und jeglicher
Klassenexistenz betreibe und so die soziale Frage löse, als romantische Illusion
fragwürdig geworden. Der Begriff der Dialektik, den Ruben philosophiehistorisch
und genetisch natürlich nach wie vor mit völligem Recht an die Theorie der
Arbeit bindet, setzt heute für ihn einen reicheren Begriff der Arbeit
voraus. Er wird mit Marx nicht länger als Produktion für sich unter
Entgegensetzung zum Austausch gedacht, sondern als realisierte
Produktion erst in der Einheit mit ihm aufgefaßt. Ferner gilt für
das Verhältnis von Eigentum und Arbeit, daß das Gemeineigentum, sofern es ins
Verhältnis zu anderem Gemein- (oder Privat-) eigentum tritt, in diesem immer
zugleich auch Sonder- oder Privateigentum ist, (was die Mitglieder des RGW
empirisch-praktisch sehr wohl erfahren haben). Und schließlich ist die Einheit
von Arbeit und Eigentum so zu denken, daß die spezifische Arbeit auch des
Eigentümers begriffen wird, ohne die wirtschaftliche Evolution nicht verstanden
werden kann.
* * * *
Wir betrachten die mit der Ausgabe vom Dezember 2006 begonnene Edition der
Philosophischen Schriften als ein Unternehmen,
das auf eine möglichst umfassende Ausgabe der philosophischen Arbeiten von Peter
Ruben zielt. Auch angesichts der freundlichen Förderung des Projektstartes durch
die Rosa-Luxemburg-Stiftung im Jahres 2006 kann die Edition insgesamt nur als work in progress
realisiert werden und erst in der Folge ihrer erweiterten Ausgaben zu dem Corpus reifen,
den wir für den philosophisch interessierten Leser insgesamt im Blick haben.
Die gegenwärtige Ausgabe enthält neben vielen bisher unpublizierten
bzw. nicht in deutscher Sprache veröffentlichten Arbeiten auch Aufsätze, die wir
hier mit freundlichen Unterstützung und Erlaubnis von ehemals beteiligten
Verlagen vorstellen können. Deshalb danken wir an dieser Stelle dem Karl Dietz
Verlag (Berlin), dem Verlag Königshausen & Neumann GmbH (Würzburg), dem
Metropolis-Verlag (Marburg) und der Zeitschrift Berliner Debatte Initial für die entsprechenden Publikationsgenehmigungen.
Bruno Hartmann (Berlin) hat in der Frühphase der Editionsarbeiten
als Mitherausgeber gewirkt und wichtige Beiträge erarbeitet.
Leider ist er seit dem August 2005 so schwer erkrankt, daß uns nur der Weg
bleibt, seine Mitwirkung hier öffentlich zu würdigen.
Berlin, im Dezember 2008
Camilla Warnke · Ulrich Hedtke
Nachtrag
Camilla Warnke hat den Ausschluß von Peter Rubens Philosophiekonzept aus der DDR-Philosophie 1980/1981
in Ihrem Aufsatz Nicht mit dem Marxismus-Leninismus vereinbar! näher dargestellt. Sie finden diesen Aufsatz hier unter
Kritik, Rezension und weiteres.
__________________
[1] Gefesselter Widerspruch. Die Affäre um Peter Ruben, hg. von H.-C. Rauh, Berlin 1991, S. 169. In dieser Publikation hat H.-C. Rauh auf Bitte des im Februar 1990 gewählten Wissenschaftlichen Rats des Zentralinstituts für Philosophie die wichtigsten Rubens Parteiausschluss betreffenden Dokumente vorgestellt. Sie ist als Lektüre zum umfassenderen Verständnis der Umstände dieses Ausschlusses und folglich als Voraussetzung der von uns herausgegebenen Manuskripte zu empfehlen.
[2] G. Günther: Grundzüge einer neuen Theorie des Denkens in Hegels Logik. Leipzig: Meiner 1933; 2. Aufl. Hamburg: Meiner 1978. R. Kauppi: Über die Leibnizsche Logik mit besonderer Berücksichtigung des Problems der Intension und Extension. Helsinki 1960. Dies.: Einführung in die Theorie der Begriffssysteme. Tampere 1967
[3] Peter Ruben/Hans Wagner: Sozialistische Wertform und dialektischer Widerspruch, in: DZfPh, H. 10, 1980
[4] Der Entwurf ist auch deshalb unfertig geblieben, weil Ruben zur Zeit der Manuskriptabfassung noch keinen Weg sah, analytisch streng zwischen dem Tauschwert und dem Wert zu unterscheiden. Seine spätere Lösung des Problems findet man in seinem Beitrag Was bleibt von Marx' ökonomischer Theorie? In: Die ökonomische Theorie von Marx – was bleibt? Hg. v. C. Warnke u. G. Huber. Marburg: Metropolis-Vlg. 1998. S. 13–6
[1] Gefesselter Widerspruch. Die Affäre um Peter Ruben, hg. von H.-C. Rauh, Berlin 1991, S. 169. In dieser Publikation hat H.-C. Rauh auf Bitte des im Februar 1990 gewählten Wissenschaftlichen Rats des Zentralinstituts für Philosophie die wichtigsten Rubens Parteiausschluss betreffenden Dokumente vorgestellt. Sie ist als Lektüre zum umfassenderen Verständnis der Umstände dieses Ausschlusses und folglich als Voraussetzung der von uns herausgegebenen Manuskripte zu empfehlen.
[2] G. Günther: Grundzüge einer neuen Theorie des Denkens in Hegels Logik. Leipzig: Meiner 1933; 2. Aufl. Hamburg: Meiner 1978. R. Kauppi: Über die Leibnizsche Logik mit besonderer Berücksichtigung des Problems der Intension und Extension. Helsinki 1960. Dies.: Einführung in die Theorie der Begriffssysteme. Tampere 1967
[3] Peter Ruben/Hans Wagner: Sozialistische Wertform und dialektischer Widerspruch, in: DZfPh, H. 10, 1980
[4] Der Entwurf ist auch deshalb unfertig geblieben, weil Ruben zur Zeit der Manuskriptabfassung noch keinen Weg sah, analytisch streng zwischen dem Tauschwert und dem Wert zu unterscheiden. Seine spätere Lösung des Problems findet man in seinem Beitrag Was bleibt von Marx' ökonomischer Theorie? In: Die ökonomische Theorie von Marx – was bleibt? Hg. v. C. Warnke u. G. Huber. Marburg: Metropolis-Vlg. 1998. S. 13–6